Siedlungen im Cholmer Land
Herkunft der deutschen Siedler:
Die Mehrzahl der Siedler kam aus dem Kreis Kolo - Babiak, Dabie, Sompolno - etwas nördlicher aus dem Kreis Radziejow - Czarnocice - sowie aus den Kreisen: Lipno - Schubin - Gostynin - Plonsk - Konin - Turek - Kalisch - Lodz.
In Czarnocice, Domänenamt Radziejewo, gab es nach dem
„Generaltableau über den Fortgang des Kolonistenwesens in Südpreußen vom 13. Februar 1806"
20 Siedlerstellen mit 112 Seelen, die überwiegend aus Württemberg kamen. Geboren sind hier auch Friedrich Jakob Herter (*1820) und Friedrich Günter (*1838), deren Nachkommen ins Cholmer Land gezogen sind, 1940 in den Warthegau umgesiedelt wurden und im Januar 1945 gen Westen flüchteten.
In dem Generaltableau sind im Jahr 1801 für Czarnocice u. a. folgende Namen und Orte verzeichnet:
Wolfert, Guenter, Haug, Gneisler, Doelker, Haar/Harr aus Glatten Kreis Freudenstadt;
Mutschler aus Dietersweiler bei Freudenstadt;
Kehrer, Bernecker, Wolfert Johann aus Weiblingen (wohl Waiblingen).
Die Siedler sprachen neben dem Hochdeutschen in einigen Dörfern einen niederdeutschen Dialekt, häufig pommersches oder Weichsel-Platt, "Botte, Mutte, de singers koame". Schwäbisch war nur vereinzelt zu hören. Jedoch prägte sich bald für alle Siedler das unschöne Wort "Schwaby".
Aufbau der Dörfer
Die Siedler, oft auch Kolonisten genannt, kauften Land vom polnischen Adel und den Großgrundstücks-besitzern oder pachteten es, um es zu einem späteren Zeitpunkt zu erwerben. Die Großgrundstücksbesitzer befanden sich in einer finanziell schwierigen Situation, die sie veranlasste, Ländereien zu verkaufen. Es gab sogenannte Annehmer, die größere Flächen aufkauften und dann an einzelne Bauern weiter veräußerten.
"Keiner ist dem Annehmer Wilhelm Kamenz gleichgekommen, dem der verschuldete Guts- besitzer Niemierowski die Verparzellierung seines Gutes Nowosiolek gegen Leistung einer namhaften Anzahlung übertrug. Er allein hat acht Kolonien gegründet, die er sogar teilweise zum Andenken an seine Siedlungstätigkeit nach den Vornamen seiner eigenen Familie taufte, eine Sitte, die sonst nur bei Edelleuten üblich war. Nach sich selbst taufte er Wilhelmswald, zwanzig Jahre später von der russischen Behörde in Janow umbenannt, nach seiner Tochter Josephine Jozefinow, nach seinen Söhnen Adolf Adolfin, Julius Juljanow, Heinrich Henrysin "[Kurt Lück [1] Seite 52 ff.]".
Die Bauern rodeten zum Teil noch Wälder und entwässerten oftmals das Land, um kargen Ackerboden zu gewinnen. Viele lebten zuerst in Erdhütten und begannen später die typischen Holzhäuser zu bauen, mit ihren Strohdächern - s. nachstehendes Foto des Hauses Tonn. Ebenso errichteten sie Kirchen, Bethäuser und Schulen, so daß auch das religiöse und schulische Leben fortgeführt werden konnte. Es entstanden etliche Siedlungen, welche die Kolonisten errichteten und in denen sie selbst nach 1918 noch mehrheitlich vertreten waren.
Haus Tonn in Kulczyn - Aufnahme: Semmler/Jeske 2004
Dörfer, in denen deutsche Siedler lebten
Dörfer im Cholmer Land - Karte mit Kreisgrenzen
im Kreis Chelm:
Abramowka ● Adamow ● Aleksandrowka ● Adolfin ● Annopol ● Antonin im Kreis Hrubieszow: Radziejow ● Tuchanie ● Zabudnowo im Kreis Lubartow: Antonin Nowy ● Antonin Stary |
im Kreis Lublin:
Egersdorf ● Radawczyk ● Jasienic ● Malinowka |
im Kreis Lukow:
Bielany ● Bronislawow ● Jozefow ● Lazy ● Leonardow
im Kreis Radzyn:
Amelin ● Cichostow ● Juliopol ● Okalew ● Sewerynowka
im Kreis Wlodawa:
Bartoszycha
Czerniejew
Debowiec ● Dubeczno
Jagodna
Kamien ● Kracie ● Kulczyn
Marinka ● Marjanka ● Michelsdorf
Nowina
Skorodnica ● Stary Majdan
Urszulin ● Ujazdow
Wojciechow ● Wytyczno
Zalucze Nowe ● Zalucze Stare
Ortspläne
Ortsplan Malinowka bei Sawin ~ 193x
Von all dem zeugen immer weniger Spuren, der Wind hat sie verweht. Viele Häuser der deutschen Siedler sind zerfallen, andere wurden beseitigt oder komplett umgebaut. Die Windmühlen, von denen es in manchen Orten mehrere gab, sind verschwunden, wie auch die Bethäuser. Die Inschriften auf den Grabsteinen sind verblasst und verwaschen, die Friedhöfe wuchern zu und sind als solche oft gar nicht mehr zu erkennen.
Von den Polen, die sich an die Deutschen erinnern können, leben nicht mehr viele. In Wytyczno fanden wir 2004 noch eine ältere Frau, 1919 geboren, die mit uns durch den Ort fuhr und zeigte, wer wo wohnte. " Dort war Manthey, dort Gizel, drüben Neimann und Jeske, ja der wohnte dahinten am Waldrand ..."
Und doch hat es viele Menschen, die hier gelebt haben, immer wieder hingezogen. Einige waren mehrmals in ihrer alten Heimat, obwohl sie jedesmal weniger Spuren der Vergangenheit finden konnten. Eine Zeitzeugin, Emma J. [*1910, +2006] sprach immer von zu Hause !
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